Funktionsweise des normalsichtigen Auges
Um Normal- und durch Brechungsfehler verursachte Fehlsichtigkeit zu verstehen, braucht es ein wenig Grundwissen über die Funktionsweise des menschlichen Auges. Für den geneigten Leser ist hierzu Wikipedia (Artikel Auge, Wirbeltierauge) eine relativ ergiebige Quelle. Um Brechungsfehler zu verstehen, reicht uns jedoch ein kleiner Ausschnitt.
Gegenstände fokussieren – Der Brechungsapparat
Ziel des Brechungsapparates des Auges ist es, das Licht aus der Umgebung so zu brechen, dass auf der der Netzhaut ein scharfes Bild entsteht. Das bedeutet, dass Lichtstrahlen, die von einem Punkt eines Gegenstandes ausgehen, sich auf der Netzhaut wieder in einem Punkt treffen. Strahlen, die diese Eigenschaft aufweisen, sind Brennpunktstrahlen, wobei der Brennpunkt irgendwo auf der Netzhaut liegt – wo genau, hängt davon ab, aus welcher Richtung das Licht kommt.
Weit entfernte Objekte
Die Strahlen eines weit entfernten Objektes sind Parallelstrahlen. (Streng mathematisch/geometrisch bedeutet „weit entfernt“ dabei, dass der Gegenstand unendlich weit weg sein muss. In der Praxis reicht jedoch ein Abstand von einigen Metern aus, damit die Strahlen so annähernd parallel verlaufen, dass es für das menschliche Sehen keinen Unterschied mehr macht.) Wie in der 5./6. Klasse in Physik unterrichtet wird, bedarf es einer Sammellinse, um diese Parallelstrahlen in Brennpunktstrahlen umzuwandeln. Die Stärke einer solchen Linse (gemessen in Dioptrien) ist dabei reziprok zur Entfernung des Brennpunktes (gemessen in Metern) von der Linse.
Das menschliche Auge ist etwa 24mm (0,024m) lang. Befände sich die Linse direkt am Eingang des Auges, müsste ihre Brechkraft etwa 40 Dioptrien betragen, befände sie sich in der Mitte des Auges, wären es 80 Dioptrien. Tatsächlich ergibt sich die Brechkraft des Auges aus der Kombination mehrerer Elemente, sodass die erforderliche Brechkraft von der exakten Position und Stärke der einzelnen Elemente abhängt und für das normalsichtige Auge etwa 60 Dioptrien beträgt. Der Großteil der Brechkraft (etwa 40 Dioptrien) wird tatsächlich von der Hornhaut aufgebracht. Das ist möglich, da sie sich am Luft→Wasser-Übergang, also dem Übergang von einem praktisch nicht brechenden zu einem stark brechenden Medium befindet. Die als solche bezeichnete Augenlinse muss dann nur noch die Differenz von etwa 20 Dioptrien aufbringen.
Nahe Objekte und Akkommodation
Sind Objekte nahe am Auge, so erreichen die von einem Punkt ausgehenden Strahlen das Auge nicht mehr als Parallelstrahlen, sondern als auseinanderlaufende (divergierende) Strahlen. Um diese Strahlen zu fokussieren, muss das Auge eine erhöhte Brechkraft aufbringen. Diese zusätzliche Brechkraft ist dabei reziprok zum Abstand des Gegenstandes vom Auge – für einen 1 m entfernten Gegenstand wird +1 Dioptrie benötigt, für einen 50 cm (0,5 m = ½ m) entfernten Gegenstand +2 Dioptrien, für einen 25 cm (0,25 m = ¼ m) entfernten Gegestand +4 Dioptrien und so weiter…
Diese zusätzliche Brechkraft wird im menschlichen Auge von der Linse aufgebracht. Das Fokussieren des Gegenstandes geht einher mit einer Anspannung des Ziliarmuskels, infolgedessen entspannen sich die Zonulafasern und die Augenlinse krümmt sich stärker. Dieser Prozess des Scharfstellens naher Gegenstände wird als Akkommodation bezeichnet.
Zusammenfassung: Normalsichtiges Auge
Die Brechkraft des normalsichtigen Auges ist durch Abstand und Brechkraft der einzelnen Teile des Auges so abgestimmt, dass es im entspannten Zustand weit entfernte Objekte scharf abbildet. Nahe Gegenstände werden durch Akkommodation fokussiert, wobei die Linse zusätzliche Brechkraft aufbringt.